Aufgrund der im Winter 2006/2007 enorm gewachsenen Spenden haben wir im Sommer 2007 nach zwölf Jahren Esel-Projekt in Eritrea zusätzlich ein solches Projekt in Nepal begonnen. Wir haben uns für das Himalaja entschieden, weil dort ebenfalls viele allein erziehende Mütter unter schwierigsten – oft unwürdigen – Bedingungen ín entlegenen Dörfern leben, und weil diese Region besonders stark vom Klimawandel betroffen ist.
Wir haben die Satzung und unseren Namen am 17.6.07 entsprechend geändert und inzwischen mit Sahayog Himalaya-Nepal einen verlässlichen und in Nepal gut vernetzten Kooperationspartner gefunden. Ich werde das Nepal-Projekt einmal im Jahr (privat finanziert) besuchen. Wir werden wie gewohnt die Reiseberichte auf die homepage stellen und mit den Spendenbescheinigungen zusenden. Wegen der Monsunzeiten bzw. verschneiten Pässen werden die Reisen in die unterschiedlichen Regionen des Himalajas in verschiedenen Monaten stattfinden müssen, so dass der Reisebericht und die Spendenbescheinigungen des ersten Halbjahrs künftig manchmal im Sommer, manchmal im Herbst verschickt werden. Die Spendenbescheinigungen des zweiten Halbjahrs stellen wir weiter Ende Januar zu.
Seit der Einstellung des Eritreaprojekts Ende Juni 2009 ist das Nepalprojekt derzeit das einzige Projekt der Esel-Initiative.
Die Lebenssituation im Himalaja
Das Leben in den weit verstreut liegenden Dörfern des nepalesischen Himalaja ist im Umbruch. Viele Männer verlassen ihre Familien und suchen Jobs im Tourismus oder in der Stadt. Der Straßenbau macht die Landflucht leichter. Die Frauen bleiben mit ihren Kindern und Alten zurück in einer Region, in der das Überleben schon für Familien sehr viel harte Arbeit erfordert.
Land- und Viehwirtschaft sind nach wie vor Grundlage des Lebens in den Dörfern jenseits der Treckingstrecken. In den steilen Berghängen müssen Terrassen für die Felder instand gehalten werden, das ist sehr schwere Arbeit. Brennholz ist äußerst rar und wird nur zum Kochen, aber nicht zum Heizen verwandt. Manchmal sieht man Frauen, die ein schweres Stück Stamm 800-1000 Höhenmeter den Berg hinauf schleppen. Vor allem im Norden sammeln die meisten Frauen statt Holz in großen Kiepen Dung als Brennmaterial. Das führt jedoch zu einer weiteren Verarmung der Böden. Zweige, Laub und Stroh als Futter für die Tiere – alles tragen die Frauen in riesigen Bündeln über die schmalen Bergpfade nach Hause. Wasser gibt es aufgrund der schmelzenden Gletscher reichlich, aber auch das Wasser müssen die Frauen erst nach Hause schleppen. Die allein erziehenden Mütter sind auf die Hilfe ihrer Töchter angewiesen. Viele Mädchen können deshalb nicht zur Schule gehen.
Mit Hilfe von Nutztieren selbst die Armut überwinden
Das Projekt soll den Müttern mit einem geschenkten Nutztier die Möglichkeit geben, aus eigener Kraft den Weg aus der Armut zu schaffen. Dazu vergeben wir im Himalaja vor allem Milchtiere: Kühe, in sehr vegetationsreichen Regionen Wasserbüffel und – auf großer Höhe – Naks (weibliche Yaks). Denn Milch, Joghurt, Butter, Käse und Ghee (haltbares Fett aus ausgelassener Butter) sind gute Einkommensquellen und wichtig für die Ernährung der Familien. Außerdem vergeben wir weibliche Esel, die den Frauen die Lasten abnehmen, sie mobiler machen und neue Einkommensmöglichkeiten eröffnen. Esel zu kaufen ist jedoch in manchen Regionen schwierig. Die Mütter bekommen weibliche Tiere, damit sie selbst Nachwuchs ziehen können. Wir vergeben aus ökologischen Gründen keine Ziegen.
Wir vergeben die Tiere auch in Nepal nur an allein erziehende Mütter und Großmütter, die für kleine oder schulpflichtige Kinder sorgen müssen und in entlegenen Regionen leben. Die Zahl der Kinder und die Armut sind entscheidend für die Vergabe. Bei der Auswahl der Frauen helfen vielfach die lokalen Mütterorganisationen. Wenn die Mütter sich eine wirtschaftliche Existenz aufbauen können, feit sie das auch gegen die Mädchenhändler, die gezielt durch die Bergdörfer ziehen und vorgeben, den Töchtern gute Arbeitsstellen in der Stadt zu vermitteln. – Die Tiere werden so weit als möglich in der Region gekauft. Falls man vor Ort keine geeigneten Kühe – z.B. mit ausreichender Milchleistung – findet, werden solche Kühe oder Wasserbüffel dorthin gebracht. Dabei achtet Sahayog Himalaya-Nepal darauf, dass die jeweilige Kreuzung die Höhe, die Wintertemperaturen und das Futter verträgt. Die Tiere werden in Anwesenheit einer lokalen Autorität verschenkt.
Auf 100.000 Menschen kommen in Nepal 21 Ärzte – was vor allem in den dünn besiedelten Hochgebirgsregionen dazu führt, dass ärztliche Versorgung für viele nicht erreichbar ist. Bei 100.000 Geburten sterben in Nepal 740 Mütter (in Deutschland 8). In manchen unserer entlegenen Projektregionen stirbt bei jeder zehnten Geburt eine Mutter. Deshalb werden gut ausgebildete Hebammen und weibliche Amchis (Ärztinnen der traditionellen tibetischen Medizin) mit den ortsüblichen kleinen Pferden (Stockmaß ca. 1,40 m) ausgestattet.
Leben im Klimawandel
Im Himalaja verursacht der Klimawandel gravierende Schäden und macht das Leben der Frauen noch schwieriger. Im globalen Durchschnitt hat sich die Atmosphäre bisher um etwa 0,8 Grad erwärmt, aber auf 4000 m Höhe ist die Erwärmung sehr viel höher. Durch die Gletscherschmelze werden die Bergbäche gefährlicher. In anderen Regionen bringen Starkregen erodierte Hänge ins Rutschen. Das gefährdet die Dörfer, die Terrassenfelder und die seit Jahrhunderten genutzten Pfade und Brücken. Was in Jahren aufgebaut wurde, muss dann aus dem Nichts wieder erschaffen werden. Das ist schwere und oft auch gefährliche Arbeit, bei der die Frauen des Dorfs immer weniger Männer zur Unterstützung haben.
In manchen Regionen regnet es seit Jahren sehr viel weniger als früher. Da die Jahreszeiten nicht mehr so verlässlich sind, werden die Ernten unsicher. Weil die Sommer im Hochgebirge so kurz sind, ist eine Verzögerung des Frühjahrs oder auch nur des Regens im Himalaja viel fataler als bei uns. Weniger Regen heißt auch: noch weniger Gras. Die Zahl der Ziegen in der vegetationsarmen Region im Norden ist sehr hoch, weil der Kauf der Tiere vergleichsweise billig, das Einkommen aus der Wolle aber gut ist. Die Ziegenherden fressen jedoch die Hänge kahl, sie reißen Gras und andere Pflanzen mit der Wurzel aus, weil sie beides verwerten können. Die Berghänge werden dadurch immer stärker Erosion ausgesetzt. – Kühe und Naks, die nur das Grün fressen und die Wurzel im Boden lassen, sind jedoch sehr viel teurer und für viele unerschwinglich.
Den Klimawandel begrenzen können nur wir, die wir viel fossile Energien verbrauchen, nicht aber die Bewohner des Himalaja.
Notwendig ist umso mehr, den allein erziehenden Müttern jetzt die Überwindung ihrer extremen Armut zu ermöglichen. Wer nur mit größter Anstrengung Nahrung, Wohnung und Kleidung, das alltägliche Überleben, sichern kann, ist vielfach gezwungen, die Natur auszubeuten. Sei es durch Ziegen oder z.B. über das übermäßige Sammeln lukrativer Heilpflanzen (z.B. des Tibetischen Raupenkeulenpilzes, Rote Liste). Wer in absoluter Armut lebt, hat erst recht nicht die Zeit und die Kraft, die Umweltsituation für die nächste Generation zu verbessern. Erst mit einem gesicherten Einkommen können die Mütter sich dafür engagieren, z.B. Heilpflanzen nachhaltig zu sammeln oder die Gefahren des Klimawandels durch eine Verbesserung der ökologischen Situation im Hochgebirge wenigstens zu mildern. Besonders wichtig ist es, den Böden Stabilität zu geben, sei es durch Gras, durch Sträucher oder Bäume. Sanddorn-, Apfel- oder Aprikosenbäume sind außerdem Vitaminspender und ermöglichen ein zusätzliches Einkommen durch den Verkauf von Trockenobst und anderen Produkten. – In einigen Jahren, wenn die Mütter durch die Kühe, Naks, Wasserbüffel oder Esel in einer wirtschaftlich deutlich besseren Lage sind, wollen wir das Projekt in Richtung Ökologie ausdehnen.
Wichtig ist, die Ramholzwirtschaft rings um die Dörfer wieder zu beleben. Dabei wird der Stamm rasch wachsender Bäume – z.B. Weide – auf halber Höhe gekappt. Nur die immer wieder nachwachsenden Holzausschläge werden geerntet. Dadurch gibt die Wurzel des Baums der Erde dauerhaft Halt. Diese alte Form nachhaltiger Holznutzung erspart den Frauen auch viele zeit- und kräftezehrende Wege auf der Suche nach Dung. – Ein weiteres Projektziel für die Zukunft ist die Ausbildung von Frauen zu Ofenbauerinnen für Energieeffizienzöfen. Einige wenige Reiche haben sie bereits, mit eingebautem Warmwasserspeicher. Viele Arme kochen jedoch auf Lehmöfen, die weder eine Klappe haben, um den Luftzug zu regulieren und den Holzverbrauch zu reduzieren, noch ein Ofenrohr. Wenn sie kochen, erstickt gesundheitsschädliche Rauch den ganzen Raum.